KASSEL. Wie christliche Jugendarbeit in der Migrationsgesellschaft gelingen kann, damit beschäftigte sich am vergangenen Samstag der Fachtag „Christliche Jugendarbeit in der Migrationsgesellschaft“ an der CVJM-Hochschule in Kassel. 96 Haupt- und Ehrenamtliche aus der Arbeit mit Geflüchteten reisten dazu aus ganz Deutschland an, um sich über ihre Arbeit auszutauschen und neue Impulse zu erhalten.
Eva Kühne-Hörmann, hessische Landesjustizministerin, dankte in ihrem Grußwort allen Haupt- und Ehrenamtlichen, die sich in der Arbeit mit Geflüchteten engagieren: „Migration macht Deutschland vielfältig und bunt. Ohne Sie wäre diese Arbeit nicht möglich.“
Der Fachtag wurde in Kooperation mit den „Wertestartern“, der Stiftung für christliche Wertebildung (Berlin), veranstaltet. Ihr Vorstandsvorsitzender Pfarrer Hartmut Hühnerbein hob die Bedeutung des Fachtags für jeden einzelnen Teilnehmenden hervor, denn: „Die Arbeit mit Geflüchteten kann nur in guter und produktiver Netzwerkarbeit geschehen.“
„Christliche Jugendarbeit arbeitet an der Kirche von morgen und nicht am Erbe von gestern. Als Christen werden wir durch die verschiedenen Kulturen der Geflüchteten in unserer Gemeindearbeit beschenkt“, appellierte Pfarrer Johannes Weth. Er gehört zum Team der Stiftung Himmelsfels, einer internationalen und interkulturellen Lebens- und Glaubensgemeinschaft in Spangenberg bei Kassel. Es sei wichtig, dass „die Einheimischen“ Einladungen in ihrer Nachbarschaft annehmen: „Dazu gehört es, internationale Gemeinden zu besuchen und sich auch mit muslimischen Geschwistern zu treffen. Denn: Jugendkultur findet in unserer Nachbarschaft statt.“
Mike Corsa, Generalsekretär der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej), machte in seiner Keynote deutlich, dass Deutschland durch seine zentrale Lage schon immer ein Land war, das Zuwanderung erlebte: „Nach der Definition haben 20 Prozent der deutschen Bevölkerung einen Migrationshintergrund, das heißt, sie selbst oder ihre Eltern sind ohne deutsche Staatsangehörigkeit geboren. Doch blickt man 200 Jahre in der Geschichte zurück, dann hat wahrscheinlich die Hälfte der hier Anwesenden eine Migrationsgeschichte.“
Dr. Misun Han-Broich, Lehrbeauftragte an der Evangelischen Hochschule Berlin, sprach in ihrer Keynote zum Thema „Ehrenamtliches Engagement und Integration – Chancen und Grenzen für die Jugendarbeit in der Migrationsgesellschaft“. Sie betonte, dass das Ehrenamt ein unverzichtbarer Baustein zur Integration Geflüchteter sei: „Die größte Wirkung hat das Ehrenamt in der seelisch-emotionalen Integration. Hier werden Beziehungen zwischen Einheimischen und Geflüchteten aufgebaut.“
Wie wichtig Beziehungen sind, machte auch Peter Arthur, Pastor der interkulturellen christlichen Gemeinde Akebulan aus Berlin, deutlich: „Briefe mit Anlagen reichen nicht, um Menschen zu meinen Veranstaltungen einzuladen. Nur wenn wir sie persönlich ansprechen, kommen sie in unsere Gemeinden. Beziehungen sind der Schlüssel für gelingende Integration.“
Vernetzungstreffen „Mutig miteinander“ bietet Plattform für Austausch
Bereits am Freitag vor dem Fachtag trafen sich Ehren- und Hauptamtliche in der Arbeit mit Geflüchteten im CVJM zu einem Vernetzungstreffen unter dem Motto „Mutig miteinander“.
Die Teilnehmenden setzen sich in ihrem Alltag auf vielerlei Weise für Geflüchtete ein: in Begegnungscafés, indem sie Patenschaften für Geflüchtete übernehmen oder Unterkünfte für Geflüchtete betreiben. Der Austausch über Erfahrungen und gute Beispiele stand im Vordergrund.
Das Vernetzungstreffen wurde von der Projektgruppe „CVJM und Geflüchtete“ organisiert, die 2015 als Reaktion auf die große Zahl der nach Deutschland geflüchteten Menschen ins Leben gerufen wurde. Nun folgt ihr die Projektgruppe „Interkulturelle Öffnung im CVJM“.
Die Projektgruppe hatte für den CVJM Deutschland an einer Resolution zu Geflüchteten und Migration gearbeitet. Diese wurde im Juli bei der CVJM-Weltratstagung in Chiang Mai, Thailand, bei der mehr als 1300 Delegierte aus 70 CVJM-Nationalverbänden zusammenkamen, mit großer Mehrheit verabschiedet und kann unter www.cvjm.de/resolution abgerufen werden.
Dorothee Pfrommer, Leiterin der bisherigen Projektgruppe und stellvertretende Vorsitzende im Vorstand des CVJM Deutschland, betonte: „Migration ist von Anfang an ein wichtiger Bestandteil der Arbeit im weltweiten CVJM gewesen. Mit der Resolution haben wir das nun wieder neu in den Mittelpunkt unserer Arbeit gerückt.“
Die Projektgruppe hat außerdem die Arbeitshilfe „Mutig miteinander“ herausgegeben. Darin berichten Haupt- und Ehrenamtliche aus dem CVJM über ihre Arbeit mit Geflüchteten. Die Arbeitshilfe kann in Druckform beim CVJM Deutschland bestellt oder auf www.cvjm.de/integration heruntergeladen werden.
Die 2009 gegründete, staatlich und kirchlich anerkannte CVJM-Hochschule – YMCA University of Applied Sciences – führt in Präsenz- sowie in berufsbegleitenden und onlinebasierten Teilzeit-Studiengängen in den Bereichen Theologie und Soziale Arbeit zum Bachelor of Arts und Master of Arts. Außerdem bildet die CVJM-Hochschule Erzieher*innen und Jugendreferent*innen aus. Verschiedene Weiterbildungen ergänzen das Angebot. Die CVJM-Hochschule betreibt zusätzlich vier Forschungsinstitute (Institut für Erlebnispädagogik, Institut für Missionarische Jugendarbeit, Institut empirica für Jugendkultur und Religion sowie das Evangelische Bank Institut für Ethisches Management). Zum Wintersemester 2023/2024 sind 474 Studierende immatrikuliert. Rektor der CVJM-Hochschule ist Prof. Dr. Tobias Faix. Die Studierenden leben in einer Lern- und Lebensgemeinschaft auf dem bzw. in der Nähe des Campus.
Träger der CVJM-Hochschule ist der deutschlandweite Dachverband der Christlichen Vereine Junger Menschen (CVJM/YMCA), der CVJM Deutschland. Der CVJM/YMCA ist weltweit die größte überkonfessionelle christliche Jugendorganisation, die insgesamt 40 Millionen Menschen direkt erreicht, und weitere 25 Millionen Menschen indirekt. In Deutschland hat der CVJM 310.000 Mitglieder und regelmäßige Teilnehmende. Darüber hinaus erreicht er in seinen Programmen, Aktionen und Freizeiten jedes Jahr fast eine Million junge Menschen. Schwerpunkt des CVJM in Deutschland ist die örtliche Jugendarbeit in 1.400 Vereinen, Jugendwerken und Jugenddörfern.
Ehrenamtlicher Vorsitzender des CVJM Deutschland ist Präses Steffen Waldminghaus. Hauptamtlicher Leiter ist Generalsekretär Pfarrer Hansjörg Kopp.