In der vorlesungsfreien Zeit des Sommersemesters haben wir die drei Leitungsmitglieder der CVJM-Hochschule zum Sommerinterview gebeten. Mit Rektor Dr. Rüdiger Gebhardt, Prorektor Dr. Germo Zimmermann und Kanzler Dr. Christian Elmo Wolff führten wir ein spannendes Gespräch zu Erfahrungen während der Corona-Pandemie, Erfolgen in Sachen Hochschulförderung und dem Wechsel von Dr. Wolff als Kanzler an die Technische Hochschule Ulm.
Willkommen zum Sommerinterview! Wie habt ihr das Semester erlebt?
Rüdiger Gebhardt (RG): Im Sommersemester haben wir zwei unserer Studierenden in der Fulda taufen dürfen. Beide haben im CVJM ihre ersten geistlichen Impulse bekommen und nach dem Dogmatik-Modul für sich die Entscheidung getroffen, sich taufen zu lassen. Das war für mich persönlich sehr bewegend. Ein anderes Highlight war ohne Frage die Aussendung: endlich wieder in Präsenz, mit dem bewährten Mix aus akademischer Feier, Gottesdienst, Segnung und Sendung. Außerdem Zeit für Austausch und Begegnung mit Familien und Freund*innen unserer Studierenden. Für mich ist die Aussendung so etwas wie ein Erntedankfest: Ich darf dankbar auf die Entwicklung unserer Studierenden schauen und bekomme das auch immer als Feedback von Eltern und Ausgesandten: Die Zeit in Kassel, das Studium an der CVJM-Hochschule, das hat entscheidend was bewirkt im Leben dieser Menschen. Das macht mich froh und dankbar.
Nach zwei Jahren Aussendung im (Auto-)Kino sicher eine gute Erfahrung.
Germo Zimmermann (GZ): Ja! Auch in diesem Jahr haben wir über 100 Menschen in ihren Dienst in CVJM, Diakonie, Kirche und Gesellschaft gesendet. Das beeindruckt mich sehr. Vor allem, wenn man sieht, wo sich unsere Studierenden mit ihren Begabungen einsetzen: als Jugendreferent im CVJM, in der Obdachlosenhilfe einer Stadtmission, als Gemeindepädagogin in einer Ev. Kirchengemeinde, in der Schulsozialarbeit oder den weiten Feldern der Sozialen Arbeit. Diese Vielfalt macht die CVJM-Hochschule aus und zu etwas ganz Besonderem. Eine kluge Entscheidung bei der Gründung, diese Weite der CVJM-Arbeit in den Blick zu nehmen – und das bei einem klaren Fokus auf die „Pariser Basis“. Eine tolle Chance, das „Reich des Meisters“ auszubreiten!
Und trotzdem: Die vergangenen Jahre waren nicht leicht …
Christian Elmo Wolff (CEW): Das stimmt. Die Corona-Pandemie hat auch uns sehr zu schaffen gemacht. Vieles von dem, was uns kennzeichnet, war in der bewährten Form nicht mehr möglich: Gottesdienste, Präsenzlehre, persönliche Begegnungen oder das gemütliche Beisammensein in der Pinte. Gleichzeitig haben wir viel Innovationskraft erlebt, Neues ausprobiert und kreative Lösungen gefunden. Das ist die besondere DNA des CVJM, die hier durchträgt und das Miteinander des Kollegiums, der Studierenden und unserer Freund*innen und Förderinnen und Förderer. Aber es bleiben auch Herausforderungen: Aktuell müssen wir unser Leben und Lernen an zwei unterschiedlichen Standorten in Kassel gestalten, da müssen wir unbedingt ran.
Wofür seid ihr dankbar?
GZ: Ich bin dankbar für alles Erreichte. Klar, es gibt Herausforderungen, die bleiben, aber auch viele kleine Erfolge. Wir durften Dr. Mathias Schäfer als Honorarprofessor für Recht begrüßen. Die Institutionelle Reakkreditierung ist mit wenigen Auflagen gelungen, die Programmakkreditierung für die Bachelorstudiengänge ist positiv verlaufen. Wir verhandeln gerade erneut mit dem Land Hessen und den Kirchen über Finanzierungsmöglichkeiten; neue Stiftungen unterstützen unsere Projekte. Und dann war da noch unsere Soiree, die Vergabe von 27 Deutschlandstipendien, die Gründung unseres neuen Förderkreises [sti’pendia] und zahlreiche Forschungsprojekte. Aktuell arbeiten wir wieder am Forschungsbericht. Da dokumentiert sich erneut eine immense Strahlkraft der CVJM-Hochschule in Wissenschaft und Praxis.
Vom Blick zurück nun ins Jetzt: Was beschäftigt euch ganz aktuell?
RG: Die Kanzlerfrage, das sage ich ganz offen! Dr. Christian Elmo Wolff ist im ersten Wahlgang von Hochschulrat und Senat zum Kanzler an die Technische Hochschule Ulm berufen worden. Das ist für ihn eine große berufliche Chance. Ich bedaure seinen Weggang persönlich sehr, weil wir hier ein kompetentes Leitungsmitglied verlieren und aktuell für uns unklar ist, wie und mit welcher Persönlichkeit wir diese Lücke füllen können. Das ist für uns ein großes Gebetsanliegen, hierfür einen Menschen zu finden, der Wissenschaftlichkeit, Hochschulexpertise, Personalführung und BWL unter einen Hut bringen und noch die besondere Situation an der CVJM-Hochschule verstehen kann. Das ist ja immer ein Spannungsverhältnis, das produktiv gestaltet werden muss.
CEW: Danke. Für mich ist das mit einer hohen Ambivalenz verbunden: Einerseits freue ich mich sehr auf die neue Stelle und den großen Verantwortungsbereich in Ulm ab dem neuen Jahr. Gleichzeitig fällt es mir aber sehr schwer, die CVJM-Hochschule zu verlassen. Denn das kann ich sagen: Ich bin dankbar für die zurückliegende Zeit und für die immense Wertschätzung, die ich vom Team der CVJM-Hochschule erfahren habe. Neues an der CVJM-Hochschule rechtskonform zu gestalten und dabei mit tollen Menschen zusammen arbeiten zu können, hat mir große Freude bereitet.
Und der Blick in die Zukunft?
RG: Wir werden aller Voraussicht nach nicht alle Studienplätze zum Wintersemester belegen können. Nach den sehr erfolgreichen vergangenen Jahren ist das zugegebenermaßen ein kleiner Dämpfer. Aber das Leid teilen wir mit zahlreichen Hochschulen in Deutschland. Vielleicht ist es aber auch die große Chance, gerade unter den neuen Rahmenbedingungen ganz besonders für die da sein zu können, die ein Studium bei uns beginnen. In jedem Fall freue ich mich auf unsere neue Kollegin, Dr. Teresa Kaya, die die Professur Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt „Diakonisches Handeln“ innehaben wird – eine echte Gebetserhörung. Sie beginnt bereits zum 1. September ihren Dienst bei uns. Und aktuell haben wir ja noch die Professur für Biblische Theologie ausgeschrieben. Es bleibt in jedem Fall spannend!
Liebe Leitung, herzlichen Dank für das Gespräch, die Einblicke in das, was euch bewegt und alles, was ihr – sichtbar und unsichtbar – für die CVJM-Hochschule tut. Worte können nur schwer beschreiben, welch ein Segen euer Engagement für die Hochschule, die Studierenden und die Mitarbeitenden ist. Danke!
Die 2009 gegründete, staatlich und kirchlich anerkannte CVJM-Hochschule – YMCA University of Applied Sciences – führt in Präsenz- sowie in berufsbegleitenden und onlinebasierten Teilzeit-Studiengängen in den Bereichen Theologie und Soziale Arbeit zum Bachelor of Arts und Master of Arts. Außerdem bildet die CVJM-Hochschule Erzieher*innen und Jugendreferent*innen aus. Verschiedene Weiterbildungen ergänzen das Angebot. Die CVJM-Hochschule betreibt zusätzlich vier Forschungsinstitute (Institut für Erlebnispädagogik, Institut für Missionarische Jugendarbeit, Institut empirica für Jugendkultur und Religion sowie das Evangelische Bank Institut für Ethisches Management). Zum Wintersemester 2023/2024 sind 474 Studierende immatrikuliert. Rektor der CVJM-Hochschule ist Prof. Dr. Tobias Faix. Die Studierenden leben in einer Lern- und Lebensgemeinschaft auf dem bzw. in der Nähe des Campus.
Träger der CVJM-Hochschule ist der deutschlandweite Dachverband der Christlichen Vereine Junger Menschen (CVJM/YMCA), der CVJM Deutschland. Der CVJM/YMCA ist weltweit die größte überkonfessionelle christliche Jugendorganisation, die insgesamt 40 Millionen Menschen direkt erreicht, und weitere 25 Millionen Menschen indirekt. In Deutschland hat der CVJM 310.000 Mitglieder und regelmäßige Teilnehmende. Darüber hinaus erreicht er in seinen Programmen, Aktionen und Freizeiten jedes Jahr fast eine Million junge Menschen. Schwerpunkt des CVJM in Deutschland ist die örtliche Jugendarbeit in 1.400 Vereinen, Jugendwerken und Jugenddörfern.
Ehrenamtlicher Vorsitzender des CVJM Deutschland ist Präses Steffen Waldminghaus. Hauptamtlicher Leiter ist Generalsekretär Pfarrer Hansjörg Kopp.